Die besten Alben 2018

Die besten Alben 2018. Starring Kamasi Washington & the incredible Brainfeeder Crew. His Bobness, Isolation Berlin, IDLES, Julia Holter, Jon Hopkins und und und.

Kamasi Washington – Heaven and Earth

Kamasi Washington hat den Jazz aus dem Altherren-Reservat und Rotwein-Trinker Ghetto geholt.  Obwohl er sich stark an Konventionen orientiert ist er doch ehrgeizig genug die Grenzen des Genres neu auszuloten. Heaven an Earth ist eine Space-Journey, die er zusammen mit seinen Mannen wie Thundercat oder Colin Burgess bestreitet. Beide haben selbst schon tolle Alben vorgelegt. Das Album startet mit dem Ohrwurm „Fist of Fury“, einem meiner Lieblingstracks 2018. Washingtons Horn wird durch einen Frauenchor und ein helles Klavier unterstützt. Fast tanzbar lösen sich die Strukturen des Songs in neun Minuten Laufzeit immer auf wieder und finden zusammen.  Heaven and Earth ist stark spirituell geprägt. Auf dieser Ebene fußen Soul, Jazz , Funk und beseelter Gospel und Psychedelia. Say Halleluja.


Insolation Berlin Alben 2018 Review

Isolation Berlin – Vergifte Dich

Wenn Du mich suchst, Du findest mich am Pfandflaschenautomat – Da hol ich mir zurück, was mir gehört“ Die ersten Zeilen von „Serotonin“ fassen die Essenz des Albums bereits zusammen. Es ist die Welt von Tobias Bamborschke, es ist die Ambivalanz des Berlins der späten 10er Jahre. Es geht um Depressionen und deren Ersatz durch Kicks und Alkohol. Und es geht darum am Schluss doch wieder allein zu sein mit seiner Schwermut. Isolation Berlin haben sich mit dem Album ein Stück weit vom Depri-Post-Punk entfernt. Die Virtousität und hellen Klänge tun den Texten gut, schaffen Freiräume und mehr Platz Spannungsbögen. Z.B. im Keytrack „Marie“  „Ich will, dass du jetzt glücklich bist / Ich will, dass du mich jetzt vergisst“. Für die Texte von „Vergifte Dich“ würde Henning May (Annenmaykrampbauer) seinen Stimmbruch rückgängig machen. Plaste empfiehlt zur Platte Bamborschkes Buch „Mir platzt gleich der Kotzkragen“


Jon Hopkins – Singulartiy

Der Vorgänger Immunity dürfe bei der Endabrechnung des Jahrzehnts im Poll ganz oben stehen.  Um der Versuchung zu widerstehen eine zweites Immunity zu schaffen, erweitete Hopkins den Umfang seiner elektronischen Kompositionen. Das Album ist inspiriert durch Selbsterfahrungen von Hopkins – Wüstenwanderungen, kontrolliertes Atmen und Eisbädern. Und genau so mäandert die Musik zwischen Techno, Acid House, Beat-Experimenten und klassischen Kompositionen. Singulartiy startet mit Tracks wie Emerald Rush, die auch in einer Arthouse-Technoschuppen ihren Platz finden würden. Gegen Ende wird das Album ruhiger. Es demoniert zusehends das raue Klavier von Hopkins. Call it meinetwegen Neo-Klassik


Julia Holter- Aviary

Aviary ist lupenreiner Artpop. Das musikalische Äquivalent zum guten Buch. Schwer, sperrig aber die Beschäftigung damit lohnt sich. Das Doppelalbum greift immer wieder feingliedrige Melodien auf und dreht sich durch die Kunst-Dreschmaschine. Julie Holter ist die zarte Fee im Spinnwebenwald, die ihre Kunstwerke aus knorrigem Holz schnitzt und und für uns wunderbare, verschlungene Figuren in ihrem Setzkasten vorhält. Aviary ein verschlungener, schweißtreibender Alptraum. Geträumt von Kate Bush


Dirty Projectors – Lamp it Prose

Lamp it Prose ist das Spaßalbum einer Band, der man es nicht zugestehen will, Spaßalben zu produzieren. David Longstreth hat einen Zyklus über Liebe und Hoffnung geschrieben. Er gibt Gas, der Gesang jubiliert, funky Highlifeguitarren treiben die Songs voran, hinweg über die schwarzen Löcher, die die Dirty Projektors uns so gern vor die Nase gesetzt haben. In den euphorischen Momenten erinnert Lamp it Prose etwas an die Glasgower Postcard Bands aus den frühen 80ern. Und eines ist klar, in dieser Zeit gibt es nur eine Kraft, die alles zusammenhält und auch geistige Amöbendarsteller wie Donald Trump in Schach hält: Die Liebe. By the Way: Schönstes Cover des Jahres.


Idles – Joy as an Act of Resistance

Sänger Joe Talbat beschreibt das zweite Idles Album als „Parade aus Glitter und Gewalt“. Und genau diese Mischung brauchten wir in 2018 und werden auch die nächsten Jahre darauf angewiesen sein. Keytrack „Danny Nedelko“ ist ein Song-Brüller und einer der besten Punk-Tracks seit der Auflösung der Buzzcocks, oder meinetwegen auch der Thermals. Der Songs ist ein Appell an die Solidariät mit Einwanderern. In „June“ einer Ballade über seine bei der Geburt gestorbene Tochter, baut er die berüchtige six-word story „For sale: baby shoes, never worn“ von Hemingway ein. Ein Zitat das viel zu oft in Werbtexter-Abendkursen missbraucht wurde. Mein Wunsch für 2019ff: Wir brauchen mehr Punk.


A.A.L – Against All Logic

Wenn wir nächstes Jahr beim Rückblick auf unser Jahrzehnt schauen, wird Nicolas Jaar eine dominierende Rolle spielen. Die Electronica des chilenischen Musikers auf seinen Platten „Space ist the Only Noise“, „Sirens“ und dem Darkside Projekt hat das Genre in diesem Jahrzehnt kreativ dominiert. Seine Trackes sind schattig, herausfordernd und zerstörend. Auf dem Darkside Album saugen sie die flirrende, psychedelische Schönheit von Pink Floyd ein. A.A.L. ist eine Sammlung von Jaars Dancefloor-Tracks von 2012-2017. Viel House-Flow, warme Bässe, deepe Soul-Samples. Glückseligkeit auf der Tanzfläche. Auch das war in 2018 wichtig.


Brainfeeder X- Various Artists

Das Brainfeeder Label ist für die 10er Jahr das, was Domino für die 00er oder Warp für die 90er war. Beim Label von Flying Lotus konnte sich die Musik in diesem Jahrzehnt, weiterentwickeln, öffnen und hatte trotz wachsender Hippness immer genug Luft zum Atmen. Die Werkschau zeigt in zwei Teilen einen Rückblick auf die letzten 10 Jahre, sowie einen Ausblick mit neuen Künstlern. Den Sampler machen zwei Dinge attraktiv. Zum einen das kreative Potentials der Brainfeeder Acts, die zerstückelten Breakbeats von Iglooghost, den experimentellen House von „Ross from Friends“ oder die crazy George Clinton Adaptionen von Brandon Coleman. Zum anderen bilden die Tracks auf 2-CD/ 4LP trotz aller musikalischer Heterogenität einen Mix-Tape Flow, der wirklich Spaß macht. By the Way, auf die 2019er Cash Cow Kamasi Washington hat der Labelchef verzichtet. Warum: Weil er es kann.


DJ Koze – Knock Knock

Knock Knock ist das musikalische Pendant zu den späten Robert Altmann Filmen. Eine opulent erzählt Geschichte mit vielen bekannten Akteuren, die sich letztendlich dem Gesamtkonzept unterordnen. Das Album versucht erst gar nicht Trends aufzugreifen oder die Originalität von Kozes Werk noch zu toppen. Stefan Kozalla schnappt sich seine Mitstreiter wie Kurt Wagner (Lampchop) oder Roision Murphy und rührt sie in seinen Sirup aus Hip-Hop, Psychedelia und Disco. Und ganz am Schluß gibt Sophia Kennedy noch die Hildegard Knef. Eine Platte für die ganze Familie


Bob Dylan – More Blood, More Tracks/ Bootleg Series No. 14

Dylan nahm den Tracks von Blood on the Tracks ursprünglich im Ende 1974 in New York auf.  Die Legende sagt, dass Dylan seiner Familie beim Weihnachtlichen Festschmaus eine Testpressung vorspielte, die seinem Bruder nicht gefiel. His Bobness ging danach nochmal nach Mineapolis, wo er eine hellere positivere Version des Albums einspielte. Obwohl Dylan sich in schon in der Trennungsphase zu seiner Frau Sarah befand, ist „Blood on the Track“ nicht wirklich ein Trennungsalbum. „If you see her, say hello“ ist ein wunderschönes Liebeslied. „Jack, Rosemarie and the Jack hearts“ eine 16-Vers Up-Tempo Ballade, die auch auf Blonde on Blonde ihren Platz gefunden hätte. „More Blood more tracks“ fast die besten Takes beider Sessions zusammen, ergänzt um den Outtake „Up to me“.  Das Ergebnis ist nicht „interessant“ sondern phänomenal. Die sparsam instrumentierten Songs wirken noch wärmer und klarer und reduzierter als das 1975 veröffentlichte Original. 


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