Zum Tod des Schauspielers Harry Reems (Deep Throat), fällt mir die folgende Begebenheit aus unserem Capitol-Kino ein.
Am zweiten Weihnachtsfeiertag 2006 hatten wir die Dokumentation „Inside Deep Throat“ im Programm. Die Doku beleuchtet die Querstreben zwischen der sexuellen Befreiung in den sechzigern und der aufstrebenden Porno-Industrie in den frühen 70ern. Damals durfte man zur Premiere des Pornofilms „Deep Throat“ immerhin so Größen wie Jack Nicolson oder Woody Allen begrüßen. „Deep Throat“ selbst wurde zum Politikum, Tricky Dick Nixon hat sich persönlich um die Kriminalisierung der Produzenten und Protagonisten gekümmert und trotz Kultstatus und finanziellem Erfolg wurde keiner der Beteiligten an dem Produktion wirklich glücklich.
So zurück ins Jahr 2006. Wir schreiben den 26.12. und unser offizielles Popcornfresser-Kinocener hatte über Weihnachten zu. Das heißt dass das Publikum das bevorzugt an Weihnachten mit gefüllten Bäuchen und aufgestauter familienseeliger Feiertagsödnis ins die Kinocenter pilgert „um mal zu gucken was so kommt“, landete an diesem Tag bei uns im Capitol. Das ja nun auch schon seit 1927 existiert und deshalb nicht komplett unbekannt ist. Päarchen, Cliquen, das typische U-25 Publikum schneit also bei uns rein.
„Was für Filme laufen denn heute?“
„Wir haben nur einen Film“
„Ah, ok. Und was kommt“
„Tja wir zeigen eine Dokumentation über einen Porno-Film aus den frühen 70ern“
Wisst ihr wie man sich fühlt, wenn dich die Leute so anstarren als würden dir Federn aus den Ohren wachsen? Als hättest Du ein „Frei.Wild Taatoo“ auf der Stirn? Wenn Du genau weißt, dass Du das was Du jetzt erklären solltest, nie und nimmer hinhauen wird. Wo dir der schöne Satz „Das ist nicht so wie Du denkst“ auf den Lippen liegt. Wir hätten an jenem Tag mit allem von Michael Haneke abwärts (mit Betonung auf abwärts), die Bude vollbekommen, so aber hatte die üblichen Zuschauer genügend Beinfreiheit. „Deep Throat“ bringt eben niemandem Glück.
In diesem Sinne:
Ruhe in Frieden, Harry Reems