20.000 Days on Earth

Nick Cave, 20.000 Day on earthNick Cave ist 54 Jahre 9 Monate und 20 Tage oder genau 20.000 Tage alt. Und eben diesen 20.000sten Tag beleuchten die Filmemacher Iain Forsyth und Jane Pollard . Der Film ist ist allerdings keine Doku über einen beliebigen Tag im Leben des Künstlers, sondern eine raffiniert inszenierte Produktion  zwischen Biopic, Dokumentation und Fiktion über den Entstehungsprozess von Kunst. Darüber wie man damit umgeht, wenn die Ideen den ganzen Tag im Kopf klickern, wie man sie umsetzt und wie man sich neben der realen eine lebensrettende eigene Welt schafft.

20.000 Day on earthSchon in den ersten Einstellungen, wenn sich Cave neben seiner Gattin (die Nackte vom Push the Sky Away Cover) aus den Laken rekelt und im Designer-Badezimmer den Wasserhahn aufdreht, wird klar dass es aber auch um die unpeinliche Inszenierung eines Künstler-Egos geht. An diesem 20.000. Tag seines Lebens  fährt Cave mit seinem Auto, in dem ihn Weggefährten wie Blixa Bargeld oder Kyle Minogue begleiten zu seinem Therapeuten, zu Plattenaufnahmen, zu seinem Kumpel Warren Ellis zu einem Live-Konzert um dann Abends mit seinen Jungs vor der Glotze abzuhängen.

Vor allem die Fahrten im Auto könnten auch als faszinierende Spoken-Word Platten des Poeten durchgehen. Die Inszenierung des Films, die auch visuell fesselt, macht Anfangs ein wenig zu schaffen.  Was ist nun wirklich echt, bei dem Gespräch mit seinem PsychiateNick Cave, Blixa Bargeld, 20.000 Day on earthr? Hat Cave psychische Probleme?  Eine Frage, die auch beim einzig autentischen tiefgehenden Moment beim Therapeuten bleibt, als der Tod seines Vaters zur Sprache kommt.. Aber es geht hier nicht um Cave als Mensch, sondern um dem Künstler und den Prozess der Entstehung von Kunst.Schön wie Cave mit dem griesgrämigen Blixa Bargeld spazierenfährt. Und ihm im Stil eines alten Ehepaars unter die Nase reibt, dass seine Songs nach Blixas Ausstieg viel besser weil kürzer wurden. Worauf Bargeld sichtlich genervt und fingernagelkauend zu Nick Cave, Kyle MinogueProtokoll gibt, dass er ja freiwillig bei den Bad Seeds ausgestiegen sei, weil ihm naja alles zuviel wurde: zwei Bands, Ehe u.s.w. – einvernehmliche Trennung eben.  Und auch die Sache mit dem Welthit findet ausreichend Reflexion, wir sehen eine kleine Diashow im Cave-Archiv mit ihm und Kyle Minogue am Strand, der Herr der dunklen Poesie trägt dabei locker grinsend gekarierte kurze Bermudashorts. Natürlich begleitet ihn Kyle auch in seinem Auto und lässt ihn wissen, dass von ihr 5 Wachsfiguren existieren (und von ihm keine!).

Gänsehauterzeugend wird 20.000 Days immer,  wenn Cave sein Kunst zelebriert. Die Einspielung von Jubilee Street am Klavier im Studio, die fast schon eine Aufführung ist. Das Live-Concert in Brighton: Dort lässt er eine Frau bei Higs Bloson Blues (dem Song in dem sich Hannah Montana auf African Savanna reimt) durch seine Performance und Handauflegen(!) in Tränen ausbrechen. Anschließend geht es nachhause aufs Sofa zum Glotze-gucken und Pizzaessen mit seinen Söhnen.
Ach und es gäb noch soviel zu erzählen, die Episode mit Nina Simone, die nach einem Konzert vom Veranstalter “Champagne, Cocaine and Sausages” verlangt, den Joke mit der Religion und dem Heroin, die Geschichten aus Berlin, die Liebeserklärung an seine Frau.

Forsyth und Pollard lieferen eine perfekte Choreografie der Puzzelteile über den Entstehungsprozess von Kunst, wie sie aus ersten Ideen erschaffen wird und darüber wo sie herkommt. Über den Künstler wie er sich selbst ikonisiert und wie er sein Werk performt.

„20.000 Days On Earth“ ist ein Kunstmuseum, das für nur ein Ausstellungstück gebaut wurde: Nick Cave.

P.S. Habe mir vor Begeisterung, gleich nach Schreiben der Rezension Karten für Nick Cave in Stuttgart bestellt.

Nick Cave Plaste-Mixtape

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